Meditationssamen – Archiv

November 2005

Post mortem

Es gibt eine Auflösung der verschiedenen Träger und eine Auflösung der Wesenheit (Individualität). Letztere repräsentiert den wahren Tod, denn durch sie erlangt man die Befreiung bzw. Wiedereingliederung des Bewusstseinswiderscheins, der mit dem atman verbunden ist.

Die Lehre des Bardo Thödol hat vor allem das Ziel, die Individualität zu überschreiten um in das »helle Licht des Dharma« einzugehen. Sie ist daher weniger für die »Toten«, als für die Lebenden.

Wie erfolgt nun der Rückzug aus dem physischen Körper? Rückzug ist der passendste Begriff, denn der Jivatma, oder besser gesagt, der verkörperte Bewusstseinswiderschein, macht nichts anderes, als seine im physischen Körper verankerte Doppelverbindung zurückzuziehen. Er veranlasst den Körper, sich zu zersetzen und zum Speicherbehälter der Natur zurückzukehren, aus dem er hervorgegangen ist. (Im Augenblick der Inkarnation hatte er sich eine bestimmte Menge mineralischer oder chemischer Elemente geliehen, die er zurückgibt, wenn er sich in andere Manifestationszustände zurückzieht.)

Eine Inkarnation ist also nichts anderes als die Veräußerlichung auf einer bestimmten Existenzebene, während der Rückzug ein Prozess der Verinnerlichung oder Abstraktion ist. Es wäre gut, über diese Begriffe zu meditieren. Sie können das Geheimnis dessen enthüllen, was wir irrtümlicherweise »Tod« nennen.

© Asram Vidya November 2005

aus Raphael, Jenseits des Zweifels



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