Bhagavadgita
Gesang des Glückseligen

Vorwort, Übersetzung aus dem Sanskrit und Kommentar von Raphael

Raphael:
»Wenn du die Unsterblichkeit liebst, ergreife den Blitz des richtigen Handelns (karmayoga) und zerreiße den Zweifel, der dich bezwingt.
Dieses Werk enthüllt das Geheimnis der nicht-bindenden Handlung.«

Die Bhagavadgita bildet mit den klassischen Upanischaden und dem Brahmasutra zusammen die »Dreifache Wissenschaft« des Vedanta (Prasthanatraya). Das Werk koordiniert und kodifiziert die verschiedenen Yoga-Wege. Vor allem aber enthält es eine initiatische Lehre für den »Krieger« (ksatriya). Aus dieser Perspektive kann sie von fundamentaler Bedeutung für den westlichen Menschen sein, der eher zu Aktion tendiert als zu Kontemplation.

Im Vorwort weist Raphael auf vier essenzielle Punkte hin, damit der Text als Ganzes richtig verstanden werden kann. Aus der Perspektive des Advaita Vedanta vereint er jene scheinbaren Widersprüche, die den Suchenden verwirren könnten. Am Ende eines jeden Kapitels fasst Raphael den Inhalt noch einmal zusammen und hebt einige wesentliche Punkte hervor, die er unter psychologischen, philosophischen, initiatischen und metaphysischen Aspekten beleuchtet.

Das Werk:

Die Abhandlung eines Werks wie es die Bhagavadgita ist, stellt ein kühnes Unterfangen dar. Der Schriftsteller, Essayist und Kulturkritiker Aldous Huxley (1894 – 1963) bezeichnete sie einst als »eine der eindeutigsten und ausführlichsten Zusammenfassungen der Philosophia perennis«. Ihre ewigwährende Bedeutung gelte daher nicht nur für alle Hindus, sondern für die gesamte Menschheit.

Der deutsche Philosoph und Sprachwissenschaftler Wilhelm Freiherr von Humboldt (1767 – 1835) schrieb einmal, die Bhagavadgita sei »das herrlichste und vermutlich einzige philosophische Epos, das in irgendeiner bekannten Sprache existiert … das Tiefgründigste und Erhabendste, über das die Welt verfügt«.

Die Größe und das Ausmaß der Bedeutung der Bhagavadgita lassen sich erahnen, wenn man folgende Tatsachen zur Kenntnis nimmt:

Die Übersetzung:

Nachdem Raphael den tiefgründigen Geist, der die gesamte Bhagavadgita durchdringt, erfasst hat, übersetzte er das Werk auf poetische und eindrückliche Weise ins Italienische. Einigen Begriffen, die bis dato nicht im Sinn der Hindu-Überlieferung übertragen worden waren, gab er ihre wahre Bedeutung zurück. Den oft mit »Sünde« übersetzten Begriff zum Beispiel übersetzt Raphael mit »Irrtum«, da »Sünde« im spirituellen und philosophischen Kontext der Bhagavadgita nichts verloren hat.

Der Kommentar:

Das Vorhandensein einiger scheinbar widersprüchlicher Aussagen im Text und die Tatsache, dass die Bhagavadgita unterschiedliche Erfahrungen in sich vereint – und somit jedem Interessierten eine Vielzahl an Möglichkeiten der Mittel und Wege bietet –, könnte beim »unaufmerksamen« Leser Verwirrung stiften. Aus diesem Grund ist Raphaels Kommentar so wichtig und nützlich.

Durch die metaphysische Perspektive, die er einnimmt und aus der er betrachtet, gibt er dem Leser, der sich auf der spirituellen Suche befindet, die Gelegenheit, den Weg, der ihm jenseits aller scheinbaren Widersprüche am meisten entspricht, zu verstehen.

Darüber hinaus erklärt Raphael auf verständliche Weise, dass die Bhagavadgita neben ihrer Eigenschaft, die Ethik und die Praxis des Yoga (Yogasastra) abzuhandeln, auch metaphysische Erkenntnis (brahmavidya) vermittelt. In ihr ist nämlich auch jene upanischadische Lehre enthalten, die das Brahman oder das Absolute behandelt (siehe Kapitel II, VIII, XV u.a.). Dieser metaphysische Aspekt wird von verschiedenen Kommentatoren vernachlässigt oder überhaupt nicht erwähnt.

An das Ende eines jeden Kapitels schließen sich »Anmerkungen« Raphaels an. Darin fasst er das jeweilige Kapitel kurz zusammen und hebt einige wesentliche Punkte hervor und vertieft sie unter den verschiedenen Aspekten psychologischer, philosophischer, initiatischer und metaphysischer Natur.

Im Anhang des Werks:

Der Inhalt:

Die Bhagavadgita, Teil des VI. Buches des großen indischen Epos Mahabharata, wird dem legendären Verfasser Vyasa zugeschrieben. Als ein poetisches und zugleich philosophisches Werk soll sie im fünften Jahrhundert vor Christus entstanden sein. Zusammen mit den klassischen Upanischaden und dem Brahmasutra bildet sie das so genannte Prasthanatraya, die »Dreifache Wissenschaft« des Vedanta.

Die Bhagavadgita, die in einer Zeit der Gegensätze und neuer innerer Anforderungen an das indische Volk erschienen ist, trug dazu bei, die Flamme der upanischadischen Erkenntnis mit ihrer Erforschung der absoluten Wirklichkeit lebendig zu halten. Außerdem befriedete sie die philosophischen und spirituellen Dispute jener Zeit, indem sie verständlich machte, dass die Wahrheit in ihren vielfältigen Aspekten eine Einheit ist. Somit gab die Gita durch Weisheit und Erleuchtung allen Menschen Gelegenheit, dem ihnen jeweils entsprechenden Weg zu folgen, ohne dadurch in Widerspruch zur Lehre zu geraten.

Im Vorwort weist Raphael auf vier wesentliche Punkte hin, die das Verständnis des Werks in seiner richtigen Dimension erleichtern:

  1. der Begriff des Göttlichen gemäß der Überlieferung,
  2. der Augenblick und das Ereignis, die zur Entstehung der Gita führten,
  3. die Gesellschaftsordnungen gemäß der Überlieferung,
  4. die richtige Annäherung an die verschiedenen Wege zum Göttlichen.

Die Gita ist von unschätzbarem Wert, denn sie basiert auf dem Handeln, auf jenem Handeln, das die Grundlage des Lebens bildet und dem sich niemand entziehen kann. In einer Welt, die von Bewegung und Konflikt durchdrungen ist, enthüllt sie das Geheimnis des »Handelns ohne zu handeln«. Aus dieser Perspektive ist das Werk gerade für die Menschen des Westens, die eher zum Handeln neigen als zur Kontemplation, von grundlegender Bedeutung.

Wer sich auf der Ebene des Handelns befindet, muss jenes vollkommene Handeln, das ohne gefangennehmende Begierde und Verhaftung ist, begreifen lernen und die individuellen Eigenschaften transzendieren, um nicht zum Sklaven des Handelns zu werden. Dort, wo das individuelle und gespaltene Ich regiert, enthüllen sich seine verzerrenden Eigenschaften, die Konflikt und Schmerz verursachen. Das Individuum, das sich in diesem Zustand befindet, wird früher oder später – wie Arjuna – mit seinem Schlachtfeld bzw. dem Feld der Disziplin und der energetischen Neuerziehung konfrontiert.

Raphaels Kommentar entfaltet sich entlang einer psychologischen, philosophischen und initiatischen Linie. Besondere Aufmerksamkeit widmet er der ksatriya-Initiation (Einweihung in die gesellschaftliche Ordnung der Gesetzgeber und Krieger). Raphael zufolge sind wir alle in gewisser Hinsicht ksatriya, da wir alle in einen – manchmal ungleichen – Kampf zwischen Erkenntnis (vidya) und Unwissenheit (avidya) verstrickt sind.

Wie jede andere authentische Lehre der Überlieferung lehrt die Bhagavadgita weder quietistische oder fatalistische Verhaltensweisen noch bietet sie irgendwelche Beweggründe zur Flucht, sondern sie appelliert an unsere Verantwortung und unausweichliche Pflicht (dharma) uns selbst zu verstehen, umzuformen und zu transzendieren.

Bhagavadgita
Der Gesang des Glückseligen
Vorwort, Übersetzung aus dem Sanskrit und Kommentar von
Raphael

Pomaska-Brand Verlag, Schalksmühle 2014
470 Seiten, Leinen/Schutzumschlag und Lesebändchen, € 28,00

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Philosophia perennis e.V