Meditationssamen – Archiv

Tag- und Nachtgleiche Herbst 2011

Das Seil und die Schlange

»Wie man das Seil, dessen Natur nicht genau festgestellt worden ist, im Halbdunkel für eine Schlange, einen Wasserstrahl usw. hält, so hält man auch den atman für (verschiedenerlei Dinge).«

»Wenn man die wahre Natur des Seils festgestellt hat, verschwinden alle (dem Seil) überlagerten Vorstellungen und  übrig bleibt nichts anderes als nur das Seil. Das geschieht auch beim atman
Mandukyakarika, II, 17-18

Kommentar:
Das Beispiel mit dem Seil und der Schlange ist typisch für die
Vedanta-Lehre. Das Seil wird als Schlange, Stock, Girlande, Wasserstrahl usw. gesehen, je nach dem Blickwinkel desjenigen, der beobachtet (entsprechend den verschiedenen Denksystemen).

Das zeigt, wie viele verschiedene Gesichtspunkte es gibt – auch wenn alle auf jene eine und einzige Wirklichkeit hinweisen wollen, die unwandelbar ist.

Der Materialist betrachtet die höchste Wirklichkeit als "Materie", der Idealist sieht sie als Idee und der manas-orientierte, mentale Mensch als Denken, für den spirituellen Menschen ist sie Geist, der Theist hält sie für den persönlichen Gott und so weiter - je nach den Perspektiven, aus denen der Verstand (manas) begreifen oder darstellen kann.

© Asram Vidya September 2011

aus Gaudapada, Mandukyakarika



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