Meditationssamen – Archiv

Januar 2022

Sein, freier Wille und Befreiung

Laut Plotin ist das Leben eine große Bühne, auf der jedes Individuum eine der vielfältigen, unbegrenzten Rollen spielt, die der Regietext bietet. Allerdings identifiziert sich das Individuum so stark mit seiner »Rolle«, dass es vergisst, sich als das anzuerkennen, was es wirklich ist.

»Und was Mord und Totschlag aller Art betrifft, Eroberung von Städten, Plünderung, so soll man es anschauen wie auf den Gerüsten der Schaubühne, es ist alles nur Umstellen der Kulisse und Wechsel der Szene, und dazu gespielte Tränen und Wehklagen. Denn auch im Leben bei seinen Wechselfällen ist es nicht die Seele drinnen, sondern der äußere Schatten des Menschen, der schluchzt und jammert und sich toll gebärdet, wenn die Menschen auf jener Bühne, welche die ganze Erde ist, vielerorten ihr Spiel aufführen.« (Enneaden III, 2, 15 in: Plotins Schriften, Hamburg 1956)

Der Philosoph der Überlieferung bzw. der Weise, der sich dieser Wahrheit gewahr ist, hat sich von jeglicher entfremdenden Identifikation befreit, auch von jener, welche die Welt der Schlafenden als die wichtigste, herausragendste und schätzenswerteste erachten könnte.

Daher der tiefe Frieden des Verwirklichten, der daraus resultiert, dass er nicht nur intellektuell verstanden, sondern vor allem mit seinem Bewusstsein begriffen hat.

© Asram Vidya Januar 2022

siehe Raphael – Feuer des Gewahrseins



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